Neue Buchpublikation: Covid-19 und die europäische Idee
Neue Buchpublikation: Covid-19 und die europäische Idee
Der Band „Pandemisches Virus – nationales Handeln“ reflektiert drei Jahre nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie die Grenzschließungen in Europa. Die Autor:innen zeigen aus verschiedenen disziplinären Perspektive, wie die Grenzschließungen erlebt wurden und wie sie sich auf die europäische Idee auswirken. Viele der Buchbeiträge wurden von Mitgliedern des UniGR-CBS verfasst.
Bibliographische Angaben
Brodowski, Dominik / Nesselhauf, Jonas / Weber, Florian (Hg.): Pandemisches Virus – nationales Handeln: Covid-19 und die europäische Idee. Wiesbaden, Springer VS 2023.
- Im Interview erklären die drei Herausgeber von der Universität des Saarlandes, wie der Band entstand und was sie dabei gelernt haben.
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Herr Brodowski, Herr Nesselhauf und Herr Weber, Sie haben ein Buch zur COVID-19-Pandemie herausgegeben. Was unterscheidet Ihr Buch von anderen zu diesem Thema?
Wir versammeln in unserer Publikation raum-, kultur- und rechtswissenschaftliche Beiträge zur Covid-19-Pandemie mit ihren Auswirkungen auf unterschiedliche gesellschaftspolitische Bereiche und bringen diese in einen konstruktiven Dialog. Mit dieser disziplinenübergreifenden Perspektivenvielfalt entsteht ein Rückblick auf europäische Umbrüche, der bis dato noch nicht vergleichbar vorlag.
Zu den Autor:innen des Buchs zählen mehr als zwanzig Wissenschaftler:innen. Welchen Mehrwert bietet diese disziplinäre Vielfalt?
Den größten Mehrwert in multidisziplinären Projekten sehen wir in den verschiedenen Schlaglichtern, die auf dasselbe Problem geworfen werden. So diskutieren mehrere Beiträge des Bands die Grenzschließungen, die besonders Grenzregionen hart getroffen haben: Gareis/Kurnol analysieren die Effektivität der Grenzschließungen empirisch, Kießling und Bornemann die normativen Grundlagen und deren Defizite, und eine Reihe von Beiträgen erörtert die Auswirkungen auf Grenzregionen aus raumwissenschaftlicher Sicht. Häufig führen solche unterschiedlichen Zugänge zu kongruenten Ergebnissen – und wenn nicht, regen sie in besonderem Maße zur Reflexion über die eigene Disziplin und die eigene Herangehensweise an.
Ihr Buch deckt also enorm viele Facetten der Pandemie und ihre Auswirkungen auf Europa ab. Was haben Sie bei der Beschäftigung mit dem Thema dazugelernt?
Uns hat vor allem überrascht und erfreut, wie Grenzschließungen und Grenzbeschränkungen bei vielen Menschen das Bewusstsein dafür geweckt haben, welche Bedeutung „Europa“ generell und vor allem ein Europa der offenen Grenzen für unser tägliches Leben hat. Und wie im Verlauf der Pandemie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit immer besser funktioniert hat – auch dank der Kreativität aller Beteiligten. Nationale Ressentiments waren zwar anfänglich noch (zu) deutlich vernehmbar, verschwanden aber zum Glück im Laufe der Zeit.
In Ihrem Buch wird diskutiert, ob die Grenzschließungen im Frühjahr 2020 gegen das Virus tatsächlich effizient waren. Welches Fazit können Sie zu dieser Frage ziehen?
Sicherlich haben die Grenzschließungen dazu geführt, dass manche Ansteckungen unterblieben sind. Aber das macht solche grundlegenden Einschränkungen nicht effizient: Denn die verursachten „Kosten“ der Grenzschließungen waren sehr hoch, vor allem in den Grenzregionen – für die Wirtschaft, für die Kultur, für die europäische Idee. Hier wäre es gerade zum Beginn der Pandemiebekämpfung nötig gewesen, die Verflechtung in den Grenzregionen stärker zu berücksichtigen, also europäisch zu denken.
Ein Buchbeitrag geht näher auf die Situation Kulturschaffender ein. Gibt es noch andere Personengruppen oder Themen, die in der Pandemiedebatte unterbeleuchtet geblieben sind?
Aus Sicht der Forschung können wir letztlich sagen, dass zu vielen Bereichen vertiefende Untersuchungen noch ausstanden und auch weiter ausstehen. In unserem Sammelband erhalten daher unter anderem auch politische Entscheidungsprozesse, Rechtsfragen oder Bewohner:innen-Perspektiven eine ausführlichere Betrachtung und Analyse.
Podcastfolge mit den Herausgebern: hier
Die Herausgeber
Dominik Brodowski ist Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Er erforscht, wie Europa und die Digitalisierung das Strafrecht verändern.
Jonas Nesselhauf ist Juniorprofessor für Europäische Medienkomparatistik an der Universität des Saarlandes. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u.a. die vergleichende Medienkulturwissenschaften und das reziproke Spannungsverhältnis von Medien, Kulturen und Körper/lichkeiten.
Florian Weber ist Juniorprofessor für Europastudien mit Schwerpunkten auf Westeuropa und Grenzräume an der Universität des Saarlandes. In seiner Forschung setzt er sich unter anderem mit grenzüberschreitenden Kooperationen im Mehrebenengeflecht in Europa auseinander.