Als Teil eines Sammelbands zu den Dienstleistungen der Daseinsvorsorge in Europa orientiert sich dieses Kapitel zunächst am französischen Konzept des „service public“ und den damit verbundenen Überlegungen zu räumlicher Gerechtigkeit, um anschließend eine Analyse der Erreichbarkeit von Entbindungsstationen in der Großregion zu stellen. Die angeführten Darstellungen unterscheiden sich von den englischsprachigen Ansätzen der territorialen Auswirkungen von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, denn sie stellen einen sozialen Ansatz in den Mittelpunkt. Das Studienfeld der Großregion zeigt die Heterogenität der Zugangsproblematiken zwischen Nachbarregionen auf.
In diesem Sammelband gehen die Autoren der Frage nach, wie grenzüberschreitende Regionen entstehen und was sie charakterisiert. Die Praktiken von institutionellen Akteuren und Grenzraumbewohnern in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaft, politische Kooperation, Medien, Alltag und Kultur werden analysiert und diskutiert.
In diesem Werk wird die Frage der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit aus verschiedenen disziplinären und methodologischen Blickwinkeln betrachtet, um eine Bilanz zum Wissensstand in diesem Themengebiet zu ziehen und die Herausforderungen und Perspektiven dieser Form von Aktivität zu analysieren. Der erste Teil beschreibt die Grenzarbeit in ihren Konfigurationen, Entwicklungen und Dimensionen. Linguistische Praktiken, Überlassungen und Profile der Grenzgänger_innen werden bearbeitet, um sie besser mit der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit in anderen Räumen (v.a. Oberrhein und Kanton Genf) vergleichen zu können (zweiter Teil des Werkes). Der dritte, analytischere Teil befasst sich mit den Auswirkungen der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit auf die Dynamik wirtschaftlicher Entwicklung, Urbanisierung, des Lebensraums und der Governance. Der vierte und letzte Teil setzt sich schließlich mit der Frage nach der sozialen Konstruktion des Status von Grenzarbeiter_innen auseinander (Regeln, Konventionen, soziopolitische Repräsentation, etc.).
Innerhalb der Großregion Saar-Lor-Lux wird die Entwicklung der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit stets von einer Diversifizierung der Beschäftigungsformen begleitet, wie beispielsweise der grenzüberschreitenden Leiharbeit. Zeitarbeitsunternehmen haben sich als neue Arbeitsvermittler in diesem Grenzraum etabliert und befördern dort die Entwicklung besonderer Beschäftigungsformen. Dabei ziehen sie Vorteile aus den verschiedenen Sozial- und Finanzrechtssystemen zwischen Ländern und tragen somit zu einer Selektion der grenznahen Arbeitskräfte bei.