Der Autor arbeitet anhand von theoretisch-konzeptionellen Entwicklungen und Veränderungen im Bereich der Grenzraumforschung während der letzten Jahrzehnte drei analytische Trends („shifts“) heraus: den processual shift, den multiplicity shift und den complexity shift. Diese lösen einander nicht ab, sondern bezeichnen spezifische Orientierungen in der Grenzforschung. Ausgehend von der Beobachtung, dass im Zuge des sogenannten border turn eine vermehrte Sensibilisierung für Grenzen stattfand, und vor dem Hintergrund des practice turn, der Kultur nicht mehr durch Repräsentationen, sondern durch Praktiken gekennzeichnet sieht, ergeben sich durch die drei shifts neue Möglichkeiten zur Grenzbetrachtung, die prozessuale und performative Elemente der Grenze stärker in den Blick nimmt.
Die Arbeitsgruppe „Bordertexturen” des UniGR-Center for Border Studies wurde 2015 ins Leben gerufen, um die kulturwissenschaftliche Orientierung der Border Studies in der Großregion weiterzuentwickeln. Diese Forschungsorientierung fokussiert auf die symbolisch-soziale Dimension von Grenzen, die sowohl über populärkulturelle und hochkulturelle Zugänge als auch alltagskulturelle Zugänge erschlossen wird. Dafür hat die Arbeitsgruppe den Ansatz „Bordertextures“ entwickelt, der sich als Methodologie und Heuristik den für Grenzen konstitutiven Praktiken und Diskursen mit ihren Akteuren, Medien, Materialisierungen, Effekten, Orten und deren komplexen Zusammenspiel zuwendet. Der Ansatz bildet ein Analyse- und Reflexionsinstrument, das die sozialen und kulturellen Funktions- und Wirkungsweisen von Grenz(de)stabilisierungen verstehen hilft.