On borders and power: A theoretical framework
On borders and power: A theoretical framework
Diese Arbeit befasst sich mit der Möglichkeit, eine Theorie der Grenzziehung (“Bordering”) zu erarbeiten, die die verschiedenen Grenztypen und Grenzerfahrungen beinhaltet. Eine Agenda, die verschiedene Grenztypen diskutiert, wird vorgeschlagen.
Diese Arbeit befasst sich mit der Möglichkeit, eine Theorie der Grenzziehung (“Bordering”) zu erarbeiten, die die verschiedenen Grenztypen und Grenzerfahrungen beinhaltet. David NEWMAN verweist auf seine früheren Arbeiten, in denen er argumentiert, dass die Schaffung eines gemeinsamen Vokabulars zwischen den verschiedenen Disziplinen notwendig ist, die an Veränderungen von Grenz-(Border-/Boundary-)Phänomenen interessiert sind, um ein gemeinsames Set an theoretischen Konstrukten und Rahmenbedingungen zu bilden. Nach einem Input zu Grenzen als Organe und zu Bordering- Prozessen wird eine Forschungsagenda für die Untersuchung von Grenzen diskutiert.
Die Arbeit beginnt mit einer kurzen Einleitung über die Entwicklung von “Border Studies” und fragt, ob die Ausarbeitung einer Grenztheorie möglich ist. In dem Bewusstsein, dass manche Wissenschaftler_innen die Schaffung eines einzigen analytischen Rahmen als etwas Unmögliches auf Grund der Vielfalt der Untersuchungsmöglichkeit von Grenzen betrachten, bevorzugt der Autor die Schaffung gemeinsamer theoretischer Rahmen und Konstrukte und somit einer Bildung einer gemeinsamen Sprache im multidisziplinären Feld der Border Studies.
Statt einer einfachen Linie im Sand oder auf einer Karte sind Grenzen Institutionen, die ihr eigenes internes Regelwerk haben. Das Ausmaß von Inklusion und Exklusion wird von diesen Organen bestimmt. Der selbst-erhaltende Charakter der Organe macht sie resistent für Veränderungen. Um die Normen und Vorschriften zu verändern, wird meist eine Intensivierung auf Ebenen der grenzüberschreitenden Wechselwirkungen vor Ort erforderlich.
Der Bordering-Prozess ist in den Ordnungen der Gesellschaft wesentlich. David NEWMAN stellt fest, dass Bordering-Prozesse Ordnung durch die Konstruktion von Unterschieden schaffen, wobei von “Anderen” erwartet wird, dass sie die Rechte des Selbst respektieren, schon allein, weil sie wünschen, dass ihre eigenen Rechten auf gleiche Weise betrachtet werden sollen oder weil die Machtverhältnisse so sind, dass sie keine Alternative haben (vgl. S.15).
Da die Untersuchung der Grenzphänomene mittlerweile multidisziplinär ist, wird eine Forschungsagenda vorgeschlagen. Diese Forschungsagenda für Border Studies kann in zwei Kategorien eingeteilt werden: (1) die Darstellung neuer Ideen und Konzepte bezogen auf Grenzen (boundaries), die noch nicht im Hinblick auf die traditionelle Untersuchung von Grenzen (boundaries) analysiert wurde und (2) der Gebrauch und die Neudefinition von abgeleiteten Konzepten der herkömmlichen Untersuchung von Grenzen. Basierend auf einem Fokus auf das Politische – das für alle Grenztypen, sei es sozio-kulturell, wirtschaftlich, ökologisch, relevant ist – werden die folgenden Punkte hervorgehoben:
- Grenzziehung: Also die Prozesse, durch welche Grenzen dargestellt und abgegrenzt sind (kartographisch, aber auch durch Vorschriften und Regeln, die festlegen wer und was inkludiert und exkludiert wird). Der Forschungsschwerpunkt sollte auf den Parametern liegen, die für die Grenzziehung verwendet werden, und auch auf der häufig unpassenden funktionalen und territorialen Linien, die zu einer Dynamik des Grenzgebietes führt.
- Grenzmanagement: Das Grenzregimemanagement spiegelt nicht nur die Art der grenzüberschreitenden Interaktionen wider, es bestimmen diese auch. Der Autor erklärt, dass die Auswirkung von und die Überlegung zu den von Grund auf stattfindenden grenzüberschreitenden Interaktionen an Grenzmanagementprozessen bislang unzureichend untersucht worden sind.
- Übergangszone und Grenzlandschaft: Dies sind Tätigkeitsbereiche, die direkt von der Grenze beeinflusst werden. (Dies kann ein Gebiet in unmittelbarer Nähe zur Staatsgrenze sein, aber auch ein innerstädtisches Gebiet, wo Migration zu Hybridisierung beiträgt). „Während der Begriff des ‘Borderland’ die Existenz und den Einfluss von Grenze einer Kulturlandschaft annimmt, geht der Begriff der ‚transition zone‘ (Übergangszone) von einer Öffnung aus, wenn nicht sogar vom Beseitigen der Grenze, sodass jegliche Art von Einfluss wegfällt (vgl. S. 19). Forschung hierzu sollte die hierarchische Art dieser Grenzen (boundaries) und auch die Kräfte der Hybridisierung betrachten.
- Wahrnehmung der Grenze: Grenzen können greifbare Phänomene in der Landschaft sein, aber können auch wahrgenommen werden. Die Untersuchung von Grenzen beinhalten daher Bilder, Repräsentationen und Narrative, die markant in verbreiteten Repräsentationen erscheinen und Teil des Sozialisationsprozesses sind.
- Grenzöffnung und Grenzbeseitigung: Manche Grenzen wurden geöffnet, wie beispielsweise in Westeuropa, und manche Mauern wurden gestürzt, wie in Jerusalem 1967, Berlin 1990; oder unmerklich geöffnet, wie in Nikosia im Jahr 2003. Ein anderes Beispiel könnten Satellitenfernsehen und der Cyberspace sein, wodurch eine Vorstellung der Lebensweisen der “Anderen” vermittelt werden kann. Nur kleine Forschungsarbeiten kümmerten sich um die Grenzbeseitigung oder Grenzöffnung. Ein interessanter Forschungsblickwinkel wäre die Wirkung solcher Öffnungen auf das “Borderland”. Gleichzeitig erinnert uns der Autor, dass in manchen Orten Grenzkontrollen aufgelöst wurden, während an anderen Standorten die Kontrolle gestiegen ist (z.B: ehemalige Staatsgrenzen und EU-Kontrolllinie).
- Grenzen und Machtverhältnisse: Jede Forschung zu Grenzen sollte die Frage nach Machtverhältnissen aufwerfen. Hier betreffen die Fragen die Gesellschaftsgruppen, die sich Grenzen wünschen, aber auch die Berufsgruppen, die ihre Führungsfähigkeiten verwenden, um zum Prozess der Begrenzung und der Umsetzung der Grenze beitragen. Das Verständnis über Gruppen und Machteliten, nach deren Interesse Grenzen institutionalisiert werden, muss erworben werden.
Der Autor schließt damit ab, dass das Verständnis von Grenze über die territoriale Bedeutung hinaus ausgeweitet werden soll. Andere Vorstellungen sollten miteinbezogen werden, um diese Welt der hierarchischen Grenzen zu überdenken. Die Frage nach der Funktion der Grenze als Barriere oder als eine Schnittstelle wird vom Autor als eine der wichtigsten Fragen hervorgehoben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grenzen als Organe
- Der Bordering-Prozess
- Hinzu einer Forschungsagenda für die Untersuchung von Grenzen?
- Grenzziehung
- Grenzmanagement
- Übergangszonen und Grenzlandschaften
- Wahrnehmung der Grenze
- Grenzöffnung und Grenzbeseitigung
- Grenzen und Machtverhältnisse
- Fazit
Durch die Erweiterung der Vorstellung von Grenze versucht die Arbeit, eine Forschungsagenda für die Grenzstudien zu erstellen. Die bisherige Beschreibung territorialer Grenzen ist überwunden. In dem Bereich der Anwendung zielt Grenzforschung darauf ab, Grenzen zu „überwinden“, indem man sie sich als Orte neu vorstellt, wo Menschen aufeinandertreffen und danach die sozialen Konstruktionen räumlicher Bindung überwinden (vgl. Van Houtum 2002). Es sollen Vorstellungen zu den funktionalen Einflüssen und der Rolle der sich verlagernden und verändernden Grenzen gewonnen werden.
David Newman
DOI: 10.1080/08865655.2003.9695598
ISSN: 0886-5655
E-ISSN: 2159-1229