Auf der Basis einer breit angelegten, 2010 und 2011 durchgeführten Studie mit einer repräsentativen Stichprobe unter Grenzgängern in Luxemburg, veröffentlichte das CEPS/INSTEAD zusammen mit dem ‘Forum EUROPA’, der Universität Straßburg und dem CNRS ein Heft, das der täglichen Mobilität von Grenzgängern gewidmet wurde. Dieses Heft enthält 13 Kapitel, die komplementäre Themen behandeln und eine Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zur Mobilität von Grenzgängern bieten. Eine der Haupterkenntnisse der Umfrage liegt darin, dass es eine signifikante Zunahme in der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel als Hauptverkehrsmittel für Fahrten zwischen dem Wohn- und Arbeitsort gab, wenn hierfür weiterhin auch vorrangig PKW genutzt wurden Die Qualität des ÖPNV-Angebots (Fahrzeiten, Haltestellen / Verbindungen, Zuverlässigkeit, Bequemlichkeit, etc.) spielt bei den Grenzgängern eine entscheidende Rolle bei der Wahl des Transportmittels, ebenso wie die Parkmöglichkeiten am Arbeitsort. Die Grenzgänger wohnen im Schnitt 44 km von ihrem Arbeitsort entfernt und brauchen 53 Minuten, um dorthin zu gelangen. Diese Entfernung vom Arbeitsort führt dazu, dass die Hälfte der Grenzgänger vor 7 Uhr morgens von zuhause wegfahren muss. Autofahrer erklären sich zu 60% zufrieden oder sehr zufrieden mit ihren Fahrten von zuhause zum Arbeitsort. Die Grenzgänger, die den Zug nutzen, sind im Allgemeinen noch zufriedener, denn sie geben zu 74% an, zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Bei der Nutzung des Zuges machen sich übrigens Ermüdungserscheinungen unter den täglich in sonstigen Verkehrmiteln erlebten Wahrnehmungen am wenigsten bemerkbar. Wenn auch 73% der Grenzgängerhaushalte mindestens zwei Autos besitzen, ist die Meinung bezüglich des Autos im Allgemeinen ziemlich unterschiedlich. Allerdings darf die Grenzgängermobilität nicht einzig und allein auf die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort reduziert werden, denn jeder fünfte Grenzgänger fährt auch nach Luxemburg, um dort arbeitsunabhängigen Aktivitäten nachzugehen – hauptsächlich, um Restaurants zu besuchen oder einzukaufen. Im Schnitt wenden Grenzgänger dafür somit 2 Stunden pro Tag auf und legen für all ihre Fahrten 100 km zurück.
Diese Sonderausgabe ist den nationalen Grenzen gewidmet. Sie befasst sich mit der Entwicklung von Grenzregionen und konzentriert sich auf verschiedene Mobilitätsformen. Es geht um vier Themenbereiche der Grenzraumstudien (Border Studies): tägliche grenzüberschreitende Mobilität, Lenkung von Pendlerströmen, grenzüberschreitende Wohnmigration und Konsequenzen von Grenzziehungen.
In dem „Beitrag B/Ordering in der Großregion. Mobilitäten – Grenzen – Identitäten“ hinterfragt Christian WILLE das in dem Leitbild für die regionalpolitische Zusammenarbeit in der Großregion prognostizierte Zugehörigkeitsgefühl der Bewohner des Vierländerecks. Der Autor untersucht, „welche Ordnungen des Eigenen/Fremden sich im Selbstverständnis der Bewohner der Großregion abzeichnen und inwiefern diese auf eine grenzüberschreitende Identität schließen lassen“ (S. 52) und arbeitet drei zentrale Merkmale von Identitätskonstruktionen heraus.
Innerhalb der Großregion Saar-Lor-Lux wird die Entwicklung der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit stets von einer Diversifizierung der Beschäftigungsformen begleitet, wie beispielsweise der grenzüberschreitenden Leiharbeit. Zeitarbeitsunternehmen haben sich als neue Arbeitsvermittler in diesem Grenzraum etabliert und befördern dort die Entwicklung besonderer Beschäftigungsformen. Dabei ziehen sie Vorteile aus den verschiedenen Sozial- und Finanzrechtssystemen zwischen den Ländern und tragen somit zu einer Selektion der grenznahen Arbeitskräfte bei. Die überlassenen Leiharbeiter_innen sind relativ gut ausgebildet, qualifiziert und werden von den Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Während die befristete Entsendung von Arbeitnehmern zwar ein klassisches Mittel der Arbeitsflexibilität darstellt und es ermöglicht, auf dem Gebiet fehlende Qualifikationen heranzuziehen, so ist sie jedoch gleichzeitig ein Instrument Management der unterschiedlichen Lohnkosten auf beiden Seiten der Grenze. Diese grenzüberschreitenden Überlassungspraktiken bergen jedoch in großem Umfang das Risiko, einen Prozess der Deterritorialisierung nationaler Regelsysteme zu fördern, die die nationalen Reglementierungssysteme in den Bereichen Steuern und Sozialschutz innerhalb der Großregion miteinander in Konkurrenz bringt.