Das Heft analysiert die Veränderungen auf dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt. Dabei stützt es sich auf verschiedene, durchgeführte Studien zu:
den am meisten nachgefragten Kompetenzen (Pauline Bourgeon, Laetitia Hauret, David Marguerit, Ludivine Martin - LISER, Luxemburg),
den Mismatches zwischen Stellenangeboten und -nachfragen (Pierre Gramme - ADEM, Luxemburg),
der Praxis des Homeoffice (Laetitia Hauret - LISER, Luxemburg) mit besonderem Augenmerk auf den in Luxemburg ansässigen Arbeitnehmern (Hans Neumayr – STATEC, Luxembourg),
sowie den Grenzen des Wachstums in Luxemburg (Tom Haas – STATEC, Luxemburg).
In all diesen Arbeiten wird die Bedeutung einer Weiterentwicklung der Berufe mit Arbeitskräftedefizit sowie die Zunahme der Arbeit im Homeoffice als neuer Beschäftigungsform betont.
Trotz ihrer kleinen Größe verzeichnen Luxemburg und die Schweiz eine hohe Arbeitskräftenachfrage und bieten Beschäftigungsmöglichkeiten vor allem für Grenzgänger. Ihre Situation an den Hauptbeschäftigungsstandorten (Luxemburg, Basel, Genf) – aber auch im Tessin – ist Gegenstand des Themenhefts, in dem 19 Autor/-innen Beiträge in vergleichender Perspektive vorlegen. Unter Berücksichtigung zentraler Kontextmerkmale und methodologischer Überlegungen betrachten die Geographen, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen und Politologen vor allem den Arbeitsmarkt, den grenzüberschreitenden Alltag und die gesellschaftliche Wahrnehmung der Grenzgänger. Die multidisziplinäre Annäherung wird abschließend von den Herausgebern in gemeinsame Herausforderungen für Luxemburg und die Schweiz verdichtet.
Dieser Artikel analysiert die grenzüberschreitende Beschäftigung und die Entsendung von Arbeitnehmern in der Großregion SaarLorLux. Er stellt die durch diese Mobilitätsformen entstanden Praktiken innerhalb dieses großen grenzüberschreitenden Raumes an der Kreuzung von 4 europäischen Ländern (Frankreich, Deutschland, Luxemburg und Belgien) in Frage. Er zeigt, dass diese beiden Formen der Beschäftigungsmobilität das Recht auf Mobilität innerhalb Europas demonstrieren, was eines der wichtigen Ergebnisse der europäischen Integration ist. Um dies zu unterstützen, hat der Autor verschiedene Arbeiten vor Ort durchgeführt, z.B. Interviews mit wirtschaftlichen und sozialen Akteuren in der Großregion.
In der Großregion SaarLorLux wurde zwischen Luxemburg und Lothringen die Entwicklung der grenzüberschreitenden Beschäftigung von atypischen Formen der Entsendung von Arbeitnehmern begleitet. Dieser Artikel konzentriert sich auf die grenzüberschreitende Entsendung von Zeitarbeitern aus Luxemburg nach Lothringen. Er zeigt, dass es nicht selten der Fall ist, dass französische Staatsbürger als Zeitarbeiter von luxemburgischen Agenturen nach Lothringen entsendet werden, manchmal nicht weit von ihrem Wohnsitz entfernt. Dieses Dokument ist in drei Teile gegliedert. Es stellt zunächst die wichtigsten sozioökonomischen Dimensionen dieser Entsendungspraktiken vor. Dann zeigt es, wie die unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik und soziale und steuerliche Gesetzgebung von einem Land zum anderen zur Entwicklung der grenzüberschreitenden Mobilität (wozu auch die Entsendung von Arbeitskräften zählt) beigetragen hat. Schließlich stellt es die aktuellen Elemente der Debatte über die Entsendung aus der Sicht der lokalen Vertreter der luxemburgischen Zeitarbeitsagenturen, der Gewerkschaftsvertreter und der Verantwortlichen der französischen Arbeitsinspektion vor. Die Zeitarbeitsagenturen in Luxemburg spielen somit eine bestimmende Rolle für Luxemburg und Lothringen. Sie nutzen im Auftrag der Unternehmen in Lothringen die unterschiedlichen Steuer- und Sozialgesetzgebungen. Sie machen somit die Nutzung von Zeitarbeitern von luxemburgischen Agenturen günstiger als die Nutzung der Zeitarbeiter aus Lothringen. Es handelt sich um qualifizierte Arbeitskräfte in den Bereichen Industrie und Bauwesen. Sie werden für relativ lange und dauerhafte Aufgaben entsendet. Außerdem sind dies Arbeiter, die seit Langem für die luxemburgischen Agenturen arbeiten. Die unterschiedlichen Niveaus, Arbeitgeberkosten, Sozialleistungen und Löhne sind die Grundlage für die Entwicklung solcher Praktiken. Diese Praktiken sind laut den Verantwortlichen der Zeitarbeitsunternehmen legal, werden jedoch von den Gewerkschaften und Angestellten in Lothringen sehr kritisch gesehen. Für die Arbeitsinspektoren werden sie zudem aufgrund unzureichender Mittel nicht genügend kontrolliert.
In den letzten Jahren hat sich die Grenzarbeit zu einem für mehrere Länder wichtigen sozialen, ökonomischen und humanen Phänomen entwickelt. Durch eine Analyse des Falls der Grenzarbeiter_innen in Lothringen - eine Region, die in der Vergangenheit einen starken Anstieg der Grenzarbeiter_innen erfahren hat - kommen die Autor_innen dieses Kapitels zu ihrer zentralen Fragestellung: „Wie wirkt sich die Grenze auf die einzelnen Komponenten, welche die Beziehungen zur Grenzarbeit und Anstellung strukturieren (Lohn, Sozialversicherung, Mobilität, Qualifizierung, etc.), aus?“ (S. 125) Nach einer Vorstellung der Elemente der Problematik und Methodik die eine solche Analyse mit sich bringt wird die Entwicklung der Grenzarbeiterströme in der Großregion präsentiert. Der Hauptteil ist einer Analyse der räumlichen, institutionellen und sozio-ökonomischen Dimensionen der Arbeitsbeziehungen und der Grenzarbeit gewidmet.
In diesem Werk wird die Frage der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit aus verschiedenen disziplinären und methodologischen Blickwinkeln betrachtet, um eine Bilanz zum Wissensstand in diesem Themengebiet zu ziehen und die Herausforderungen und Perspektiven dieser Form von Aktivität zu analysieren. Der erste Teil beschreibt die Grenzarbeit in ihren Konfigurationen, Entwicklungen und Dimensionen. Linguistische Praktiken, Überlassungen und Profile der Grenzgänger_innen werden bearbeitet, um sie besser mit der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit in anderen Räumen (v.a. Oberrhein und Kanton Genf) vergleichen zu können (zweiter Teil des Werkes). Der dritte, analytischere Teil befasst sich mit den Auswirkungen der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit auf die Dynamik wirtschaftlicher Entwicklung, Urbanisierung, des Lebensraums und der Governance. Der vierte und letzte Teil setzt sich schließlich mit der Frage nach der sozialen Konstruktion des Status von Grenzarbeiter_innen auseinander (Regeln, Konventionen, soziopolitische Repräsentation, etc.).
Innerhalb der Großregion Saar-Lor-Lux wird die Entwicklung der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit stets von einer Diversifizierung der Beschäftigungsformen begleitet, wie beispielsweise der grenzüberschreitenden Leiharbeit. Zeitarbeitsunternehmen haben sich als neue Arbeitsvermittler in diesem Grenzraum etabliert und befördern dort die Entwicklung besonderer Beschäftigungsformen. Dabei ziehen sie Vorteile aus den verschiedenen Sozial- und Finanzrechtssystemen zwischen den Ländern und tragen somit zu einer Selektion der grenznahen Arbeitskräfte bei. Die überlassenen Leiharbeiter_innen sind relativ gut ausgebildet, qualifiziert und werden von den Leiharbeitsfirmen beschäftigt. Während die befristete Entsendung von Arbeitnehmern zwar ein klassisches Mittel der Arbeitsflexibilität darstellt und es ermöglicht, auf dem Gebiet fehlende Qualifikationen heranzuziehen, so ist sie jedoch gleichzeitig ein Instrument Management der unterschiedlichen Lohnkosten auf beiden Seiten der Grenze. Diese grenzüberschreitenden Überlassungspraktiken bergen jedoch in großem Umfang das Risiko, einen Prozess der Deterritorialisierung nationaler Regelsysteme zu fördern, die die nationalen Reglementierungssysteme in den Bereichen Steuern und Sozialschutz innerhalb der Großregion miteinander in Konkurrenz bringt.