Comparing Cross-border Metropolitan Integration in Europe: Towards a Functional Typology
Comparing Cross-border Metropolitan Integration in Europe: Towards a Functional Typology
Vergleichende Analyse der räumlichen Integration in den grenzüberschreitenden europäischen Metropolregionen.
Der vorliegende Artikel untersucht den räumlichen Integrationsprozess in zehn grenzüberschreitenden europäischen Metropolregionen. Zu diesem Zweck vergleichen die Autoren drei Indikatoren, die sich auf die grenzüberschreitenden Pendlerflüsse, auf die Unterschiede in Bezug auf das jeweilige Bruttosozialprodukt pro Einwohner sowie auf die Staatsbürgerschaft der Residenten beziehen. In diesem Artikel wird eine Typologie herausgearbeitet, die zwischen drei Modellen zur grenzüberschreitenden Integration unterscheidet : durch Spezialisierung, durch Polarisierung und durch Osmose.
Dieser Artikel wurde vom Europäischen Beobachtungsnetz für Raumordnung im Rahmen seines Projekts METROBORDER "grenzüberschreitende polyzentrische Metropolregionen" unterstützt. Diese Forschungsarbeit ist Teil des Projekts MetroNet, das vom nationalen Luxemburger Forschungsfonds (Fonds National de la Recherche du Luxembourg) unterstützt wird.
Die Globalisierung wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen sowie der damit zusammenhängende Rückgang des Einflusses nationaler Staaten und Prozesse regionaler Integration haben zu einer grundlegenden Neuorientierung von räumlicher Politik und Wirtschaft geführt, insbesondere in den europäischen Grenzgebieten. Dennoch führt die Entwicklung grenzüberschreitender Wirtschaftsbeziehungen nicht unbedingt zu weniger Ungleichgewicht oder zu einer verstärkten räumlichen Kohäsion, obwohl dies eines der zentralen Ziele der europäischen Raumordnung darstellt. Ausgehend von dieser Feststellung untersucht der vorliegende Artikel den räumlichen Integrationsprozess in zehn grenzüberschreitenden europäischen Metropolregionen. Die Entwicklung der grenzüberschreitenden Regionen zeigt, dass die Beziehung zwischen Interaktionen oft nicht automatisch zu mehr Konvergenz führt. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich daher auf das Konzept der Integration und nicht auf das Konzept der Kohäsion, um die Verwendung dieses Begriffes zu vermeiden, der nicht unumstritten ist.
In der vorliegenden Untersuchung werden grenzüberschreitende Metropolregionen als funktionale urbane Regionen definiert, die eine oder mehrere internationale Grenzen einbeziehen. Dabei wurden folgende 10 Metropolen betrachtet: Aachen, Lüttich-Maastricht, Basel, Genf, Kopenhagen-Malmö, Lille, Luxemburg, Nizza-Monaco-San Remo, Saarbrücken, Straßburg und Wien-Bratislava.
Hauptziel des Artikel ist es, die Bedeutung des Konzepts der funktionalen grenzüberschreitenden Integration im europäischen Kontext zu untersuchen, indem eine weiter gefasste Interpretation als die üblicherweise in der wirtschaftlichen Literatur verwendete zu Grunde gelegt wird. Dazu werden zwei Indikatoren angewendet, die im Rahmen einer vergleichenden Analyse untersucht werden. Die Analyse kombiniert zunächst die Betrachtung von grenzüberschreitender Arbeit mit den Unterschieden beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Einwohner. Anschließend werden die Auswirkungen einer starken Integration der Arbeitsmärkte im Hinblick auf die Wohnortentscheidungen der Residenten untersucht. Dazu werden drei Indikatoren verwendet. Der erste Indikator betrifft die Anzahl der Grenzgänger. Der zweite zeigt die Abweichungen zwischen den Werten des Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner in den unterschiedlichen Grenzgebieten. Der dritte Indikator zeigt die Zahl der Residenten innerhalb einer Grenzregion auf, die die Staatsangehörigkeit des Nachbarlandes besitzen. Zusätzlich zur Berechnung dieser drei Indikatoren wurde beschlossen, in diese Untersuchung auch für jede Teilregion die Betrachtung der sprachlichen Situation mit einzubeziehen, d.h., es wurde untersucht, ob die Grenzgebiete eine gemeinsame Sprache teilen, ob nur in einigen von ihnen die gleiche Sprache gesprochen wird oder ob die verwendeten Sprachen ganz unterschiedlich sind.
Auf der Grundlage dieser drei Indikatoren werden in der vorliegenden Untersuchung drei wichtige Ergebnisse heraus gearbeitet.
Zunächst wird festgestellt, dass die Mehrheit der grenzüberschreitenden Metropolregionen, die in der Studie untersucht wurden, zwischen 2000 und 2006 ein jährliches Wachstum an Grenzpendlern verzeichnet haben. In der überwiegenden Zahl der Fälle kann die wirtschaftliche Integration der grenzüberschreitenden Metropolregionen als stark asymmetrisch bezeichnet werden, da sich die Grenzpendlerflüsse von den grenznahen peripheren Gebieten hin zu den großen urbanen Zentren bewegen.
Als zweites Ergebnis stellt sich heraus, dass je größer die wirtschaftlichen Ungleichheiten sind, desto höher die Anzahl der in Form von grenzüberschreitenden Bewegungen gemessenen Interaktionen ist. Der Zusammenhang zwischen Wohlstandsgefälle und grenzüberschreitenden Bewegungen unterliegt allerdings einer Reihe von einschränkenden Faktoren wie dem Angebot an Arbeitsplätzen, deren Attraktivität, den Karriereaussichten und der Qualität der nationalen Sozialversicherungssysteme. Es gibt zudem eine Reihe von Karriereeffekten, die mit den internationalen Grenzen zusammenhängen, mit grenzüberschreitenden Sprachbarrieren und mit regulatorischen Beschränkungen.
Als weiteres Ergebnis kommt die Untersuchung zu dem Schluss, dass stark ausgeprägte wirtschaftliche Interaktionen eine Auswirkung auf die grenzüberschreitende Integration von Gebietskörperschaften haben, was sich am Anteil von Residenten jenseits der Grenze festmachen lässt. Es gibt eine nahezu lineare Verbindung zwischen der Anzahl von Grenzgängern und der staatsbürgerlichen Diversität der Residenten. Je nach Kontext gibt es ebenfalls eine Reihe von Faktoren, von Anreizen und von Abschreckungseffekten, die eine Rolle spielen (Einkommensbesteuerung, Immobilienmarkt, Lebensqualität, Haushaltszusammensetzung sowie individueller sozialer und beruflicher Status).
Der Artikel schließt mit einer gleichzeitigen Analyse von wirtschaftlichen Interaktionen und von Wohnintegration ab, auf deren Grundlage drei Integrationsmodelle für grenzüberschreitende Metropolregionen aufgestellt werden. Das erste Modell entspricht einer Integration durch Spezialisierung, also der Umsetzung eines grenzüberschreitenden territorialen Systems in zwei Richtungen, bei dem die grenzüberschreitenden Bewegungen, die vor allem von der Peripherie hin zum Metropolzentrum erfolgen, mit einem Residentenfluss einhergehen, der in umgekehrter Richtung erfolgt. Beim zweiten Modell, der Integration durch Polarisierung, konvergieren Arbeitsflüsse und residentielle Bewegungen vor allem zum dominanten Stadtzentrum hin. Das dritte und letzte Modell schließlich, die Integration durch Osmose, entspricht Flüssen, die sich in zwei Richtungen bewegen, und zwar sowohl grenzüberschreitend als auch bezogen auf Kapitalflüsse. Bei diesem Modell erscheint die Integration von Arbeits- und Wohnungsmärkten besser ausgeglichen und es scheint, als ob eine gewisse Konvergenz der interagierenden Grenzgebiete festzustellen ist.
Antoine Decoville, Frédéric Durand, Christophe Sohn und Olivier Walther