Mittelstädte als Stabilisatoren ländlich-peripherer Räume

Mittelstädte als Stabilisatoren ländlich-peripherer Räume

Grenzraum
5 ausgewählte Untersuchungskommunen : Mittelstadt Ansbach, Bayern, Mittelstadt Freudenstadt, Baden-Württemberg, Mittelstadt Fulda, Hessen, Mittelstadt Lingen (Ems), Niedersachsen, Mittelstadt Plauen, Sachsen
Sprache(n)
Deutsch
Einleitung

Ein bisher wenig untersuchtes Forschungsfeld stellen die Entwicklungsperspektiven von Mittelstädten ländlich-peripherer Räume und ihre regionale Ankerfunktion für diesen Raumtypus dar. Im Fokus steht hierbei die Bedeutung ihrer Versorgungsfunktion für die umgebende Region sowie ihre Bedeutung für die regionalwirtschaftliche Entwicklung.

Zusammenfassung

Mittelstädte ländlicher Räume unterstützen die von der Raumordnungspolitik forcierte räumlich ausgewogene und
nachhaltige Entwicklung sowie den Erhalt einer flächendeckenden Daseinsvorsorge in allen Teilräumen. Allerdings zeigt die Arbeit auch auf, dass Mittelstädte ein breites Spektrum an Entwicklungspotentialen aufweisen, die gezielter Unterstützung durch Instrumente der Landesentwicklung sowie der Regional- und Strukturpolitik bedürfen. Im Zuge der Debatte über eine zukunftsfähige regionale Entwicklung und die Sicherstellung der Infrastrukturversorgung in ländlichen Räumen zeichnen sich für Mittelstädte in ländlich-peripheren Räumen somit eine Reihe von Handlungsfeldern ab, um die Herausforderungen sozioökonomischer Strukturwandelprozesse zu gestalten.

Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass die Arbeit einen wichtigen Beitrag im Rahmen der Diskussion
um die Gestaltung der Entwicklung und des soziökomischen Strukturwandels in ländlich-peripheren Regionen leistet und einen unmittelbaren praktischen Nutzen für Politik und Planungspraxis bietet.

Inhalt

Sozioökonomische Trends mit hoher Raumrelevanz bilden die Grundlage für die Zukunftsfragen von Regionen und Kommunen. Zugleich bedingen ein anhaltender Verstädterungsprozess sowie zunehmend differenziert und zum Teil stark divergent ablaufende Entwicklungsdynamiken eine Zunahme regionaler Ungleichgewichte. Diese Entwicklung wirft Fragen nach der Sicherstellung der Leitvorstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf.

Mittelstädte werden gerade für strukturschwache und periphere Regionen als Anker im Raum angesehen. Zugleich stehen Mittelstädte ländlich-peripherer Regionen in einer zunehmenden Diskrepanz hinsichtlich ihrer Funktionszuordnung sowie der an sie gestellten Herausforderungen. Einerseits wird ihnen aus raumordnungspolitischer Sicht neben ihrer Rolle als regionale Versorgungs-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftszentren eine stabilisierende Funktion des Umlandes sowie eine Trägerfunktion der ländlichen Entwicklungsdynamik zugeschrieben. Andererseits weisen sie gleichzeitig selbst eine erhöhte Betroffenheit bezüglich des infrastrukturellen Anpassungsdrucks an sozioökonomische Veränderungsprozesse auf, den es zu bewältigen gilt.

Die Arbeit widmet sich erstens einer Untersuchung der regionalen Stabilisierungsfunktion von Mittelstädten für ländlich-periphere Räume einschließlich einer Analyse der Möglichkeiten und Grenzen deren Aufrechterhaltung unter den Einflüssen sozioökonomischer Transformationsprozesse und den damit verbundenen Anpassungsbedarfen. Darauf aufbauend umfasst sie zweitens eine Analyse zur Identifikation von Erfolgsfaktoren, die mittelstädtische Stabilisierungsfunktionen in ländlich-peripheren Räumen zukünftig sicherstellen.

Inhaltsverzeichnis

I. Einführung
II    Regionalentwicklung und deren Stabilisierungsmechanismen in ländlich-peripheren Räumen – konzeptioneller Rahmen der Untersuchung
1.    Anforderungen des regionalen Strukturwandels an Konzepte zur Stabilisierung von Räumen
2.    Die raumbezogene Ankerfunktion in der Raumordnung und Regionalentwicklung
3.    Regionale Stabilisierung als Forschungsgegenstand der Regionalplanung und Raumordnung - Diskussion konzeptioneller Ansätze
4.    Push- und Pull-Faktoren zur Stabilisierung ländlich-peripherer Regionen
5.    Ein Zwischenfazit

III.    Mittelstädte und ihre Funktionen in ländlich-peripheren Räumen
1.    Raumtypisierung ländlich-peripherer Regionen
2.    Der Stadttypus Mittelstadt in der Bundesrepublik Deutschland – eine Typisierung
3.    Raumstrukturelle Einordnung – Mittelstädte in ländlich-peripheren Räumen
4.    Sozioökonomische Rahmenbedingungen und Trends für Mittelstädte in ländlich- peripheren Räumen und ihre Bedeutung für die Sicherung ihrer Anker- und Stabilisierungsfunktion
5.    Strukturelle Situation von Mittelstädten im überörtlichen Kontext ländlich-peripherer Räume
6.    Entwicklungsmuster sozioökonomischer Transformationsprozesse in Mittelstädten ländlich-peripherer Regionen und ihrem regionalen Umfeld
7.    Analyse von Anker- und Stabilisierungsfunktionen von Mittelstädten im überörtlichen Kontext ländlich-peripherer Regionen
8.    Ein Zwischenfazit

IV.    Mittelstädte als Stabilisatoren ländlich-peripherer Räume – Untersuchung an ausgewählten Referenzräumen
1.    Clusteranalyse der Gesamtheit der Mittelstädte ländlich-peripherer Räume
2.    Auswahl der Untersuchungsräume
3.    Kurzprofil und strukturelle Rahmenbedingungen der Untersuchungsräume
3.1.    Kurzprofil der Mittelstadt Ansbach im überörtlichen Kontext der Kreisregion
3.2.    Kurzprofil der Mittelstadt Freudenstadt im überörtlichen Kontext der Kreisregion Freudenstadt
3.3.    Kurzprofil der Mittelstadt Fulda im überörtlichen Kontext der Kreisregion Fulda
3.4.    Kurzprofil der Mittelstadt Lingen (Ems) im überörtlichen Kontext der Kreisregion Emsland
3.5.    Kurzprofil der Mittelstadt Plauen im überörtlichen Kontext der Kreisregion Vogtlandkreis
4.    Stabilisierung von ländlich-peripheren Räumen durch Mittelstädte – eine Analyse der Stabilisierungsfunktion und der Ankerprojekte in ausgewählten Mittelstädten
4.1.    Methodik der empirischen Evaluation und Evaluationsdesign der Analyse der Untersuchungsräume
4.2.    Bewertung der Ankerfunktion der Referenzmittelstädte
4.3.    Bewertung einer Impulsgeberfunktion der Referenzmittelstädte
4.4.    Bewertung der Entwicklungsmuster von Mittelstädten ländlich-peripherer Räume und daraus resultierende Handlungsbedarfe
4.5.    Die Anker- und Stabilisierungsfunktion der untersuchten Mittelstädte im Vergleich
4.6.    Handlungserfordernisse, Ankerprojekte und Handlungsansätze zur Stabilisierung im Hinblick auf die wesentlichen Strukturbereiche auf städtischer und regionaler Ebene
4.7.    Handlungserfordernisse und Handlungsansätze im Hinblick auf das landesplanerische Instrumentarium
4.8.    Handlungserfordernisse, Ankerprojekte und Handlungsansätze aus dem Bereich ausgewählter Fachpolitiken
5.    Ein Zwischenfazit

V.    Strategien und Handlungsansätze zur Sicherung der Stabilisierungsfunktion von Mittelstädten in ländlich-peripheren Räumen
1.    Determinanten für eine Anker- und Stabilisierungsfunktion von (Mittel-)Städten
2.    Ableitung von Handlungsansätzen im Umgang mit sozioökonomischen Strukturwandelprozessen
2.1.    Handlungsfelder und Maßnahmen in ausgewählten Strukturbereichen
2.2.    Handlungsfelder und Maßnahmen hinsichtlich des landesplanerischen Instrumentariums
2.3.    Handlungsfelder und Maßnahmen aus dem Bereich ausgewählter Fachpolitiken
3.    Bewertung der derzeitigen und perspektivischen Stabilisierungsfunktion von Mittelstädten in ländlich-peripheren Räumen und ihre Zukunftsfähigkeiten – ein Resümee
4.    Weiterer Forschungsbedarf

Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang

Fazit

Die Vergleichsanalyse sozioökonomischer Strukturdaten der Gruppe der Mittelstädte ländlich-peripherer Räume veranschaulicht bestehende heterogene Strukturen und Entwicklungsmuster. Trotzdem wird Mittelstädten in ländlich-peripheren Räumen hinsichtlich Versorgung, Bildung, Siedlungsstruktur und Wohnen sowie Arbeitsplatz und Wirtschaft eine generelle Ankerfunktion für ihr Umland zugesprochen.
Die Arbeit ermittelt aus der Untersuchung von fünf ausgewählten Fallstudien eine Reihe, die Ankerfunktion fördernde, Faktoren. Im Hinblick auf Handlungsansätze, die die Stabilisierung von Räumen fördern, werden folgende Determinanten zusammenfassend dargestellt:

  • Imagebildung der Mittelstadt in enger Verknüpfung zu ihrem Umland und überregionale Vermarktung
  • nachhaltige und regional abgestimmte Entwicklungsplanung zum Vorhalten von Flächenverfügbarkeiten für die Bereiche Wohnen und Gewerbe
  • perspektivische Entwicklungsplanung angesiedelter Hochschul- beziehungsweise Wissenschaftsstandorte
  • zukunftsfähige Ausrichtung von Versorgungsstrukturen über innovative Ansätze zur Sicherung der regionalen Daseinsvorsorge sowie Nutzung neuer Themenfelder als Imagefaktor (zum Beispiel Digitalisierung)
  • Forcierung von auf die Region angepassten Fachkräftesicherungsmaßnahmen
  • zielgerichtete und bedarfsgerechte intensivierende Kooperationen regionaler Akteure
  • stärkere Verknüpfung laufender Entwicklungsprozesse innerhalb einer Region und regionaler Informationstransfer über Projekthintergründe und –ergebnisse
  • Pflege und Ausbau von regionalen Verantwortungsgemeinschaften, Netzwerken und Allianzen in Unternehmen, Politik und Verwaltung
  • Abbau regionaler und kommunaler Subventionsmentalität und Aufbau von Strategien zur innovativen und projektorientierten Nutzung von Fördermitteln Das Potenzial von Mittelstädten ländlich-peripherer Räume liegt in ihren attraktiven Lebens-, Umwelt-, und Freizeitbedingungen, die es gleichwohl noch zu stärken, vor allem aber verstärkt zu vermarkten gilt.

 

Kernaussagen

Mittelstädte in ländlich-peripheren Räumen weisen unterschiedliche Merkmale und Ausprägungen hinsichtlich ihrer Bedeutung als „Anker“ in den Regionen auf. Trotzdem konnten Erfolgsfaktoren identifiziert werden, die die Stabilisierungsfunktion der Mittelstädte für die Region fördern, wenn nicht sicherstellen können.

Ein besonderes Potential von Mittelstädten in ländlich-peripheren Räumen liegt in ihren attraktiven Lebens-, Umwelt- und Freizeitbedingungen, die es zu stärken, vor allem aber verstärkt zu vermarkten gilt. Die Mischung aus urbanen Strukturen mit einer gewissen Versorgungsdichte, naturnaher Lage, moderaten Wohn- und Mietpreisen sowie aus kurzen Wegen bieten den Städten dieser Größenordnung und Raumstruktur beachtliche Standortvorteile gegenüber Ballungsräumen. Die Entwicklungsprozesse dieser Städte sind darauf auszurichten, dass sie in ihrer Lebensqualität und als innovative Wirtschafts-, Bildungs- und Versorgungspunkte mit eigenem und nachhaltigem Profil gestärkt und weiterentwickelt werden. Hierfür bedarf es im Kern einerseits einer Bündelung und Aktivierung der Akteure der Regional- und Kommunalentwicklung für eine gemeinsame Strategie und andererseits eine ziel- und bedarfsgerechte Förderkulisse.

Leitung

Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß
Apl.-Prof. Hans-Jörg Domhardt

Beiträge

Dipl.-Ing. Elke Ries (Projektbearbeitung)
sowie Experten der Regional- und Kommunalentwicklung in den fünf Untersuchungskommunen und umgebenden Regionen (aus den Bereichen Verwaltung, Politik, Wirtschaftsförderung sowie Kammern (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer)), die für Expertengespräche zur Verfügung standen.

Ansprechpartner
Erstellungsdatum
2019
Identifikationsnummer

ISSN 1869-3814