Commerce et frontières. Discontinuité et échange transnational
Commerce et frontières. Discontinuité et échange transnational
Der vorliegende Artikel befasst sich mit den Diskontinuitäten, die durch eine Grenze in punkto Handelsinfrastruktur und Güteraustausch zu beiden Seiten der Grenze erzeugt werden, unabhängig davon, welcher Grenzkontext weltweit vorliegt.
Die Handelstätigkeit und -praxis sind in Grenzgebieten gekennzeichnet durch mehrere, im Französischen mit « D » beginnende Aspekte (Différence [Unterschied], Désir [Wunsch], Dépaysement [Orientierungslosigkeit], Défiance [Argwohn], Distance [Distanz]). Je nach Schnittstellen können Dyaden für den Austausch von Handelsprodukten Hindernisse darstellen, Schranken, die manchmal nur von illegalen Händlern überschritten werden. Im Gegenzug kann der Handel in der Nähe von Grenzen auch florieren, dies aber selten in symmetrischer Weise.
Das vorliegende Kapitel des Werks mit dem Namen « Le Commerce dans sous états » wurde 2014 veröffentlicht. Es ist eines der Ergebnisse von Forschungsarbeiten zweier Forscher*innen der Universität Lothringen (Colette Renard-Grandmontagne) sowie der Universität von Artois (Nicolas Lebrun). Letzterer organisierte im März 2011 eine Tagung in Arras, die den Namen « Commerce et discontinuités. Quand la frontière et la discontinuité structurent le commerce » [Handel und Diskontinuität. Wenn die Grenze und die Diskontinuität den Handel strukturieren] trug und im Laufe derer mehrere empirische Studien präsentiert wurden. Zu diesen zählte auch die von Frau C. Renard-Grandmontagne mit dem Namen « Conquérir de nouveaux marchés et assumer l’opportunisme dans les espaces transfrontaliers de la Lorraine » [Neue Märkte erobern und den Opportunismus in den grenzüberschreitenden Räumen Lothringens annehmen], die 2013 im Rahmen des von N. Lebrun geleiteten Werkes Commerce et discontinuités [Handel und Diskontinuitäten] veröffentlicht wurde. Es ist ferner das Ergebnis bibliographischer Recherchen weiterer Autoren des SHS bezüglich sonstiger Grenzen insbesondere in Osteuropa (Julien Thorez, Arnaud Serry), in Südamerika (François Moullé, Sébastien Velut, Sabine Guez, Andrade Benitez), und in Afrika (Karine Bennafla, Désiré Nassa), die seit Beginn der 2000er Jahre veröffentlicht wurden.
Der vorliegende Artikel befasst sich nicht nur mit dem Thema Einzelhandel versus Großhandel. Er untersucht gleichzeitig Strategien von Akteuren (wie Vetriebsgruppen) in Grenzräumen, Randlagen, in Grenzlagen eines Staatsgebiets, sowie die Kaufpraktiken von Konsumenten, die von ihren Vorstellungen von jenseits der Grenze beeinflusst werden. Inwiefern bestimmen die Globalisierungsdynamik und der Grad der Öffnung von Grenzen auf lokaler Ebene die Handelspraktiken in grenz- und grenzüberschreitenden Räumen neu?
Er gliedert sich in drei Teile. Deren erster konzentriert sich auf zwei Untersuchungsgegenstände: den Handel und die Grenze, indem die 3 Aspekte ‘Unterschied’, ‘Wünsche’ und ‘Distanz’ in diesem besonderen Umfeld, wo die Grenze «Distanz in die Nähe bringt» (Arbaret-Schultz, 2002) beleuchtet werden. In einem zweiten Teil werden verschiedene außereuropäische Beispiele aufgeführt, die die Varianten des ‘Barriereeffekts’ von Grenzen für Handelspraktiken aufzeigen: ein fehlender Rückgriff auf Aktivitäten, die zwar zugelassen, aber reglementiert oder besteuert sind. In zahlreichen Situationen richtet sich die lokale Bevölkerung mit den Dyaden ein, indem sie hierfür eine «nützliche und manipulative Beziehung zum Gebietsnetz» (Bennafla, 2002) unterhält. Und im dritten Teil schließlich erscheint die Grenze in einem Kontext größerer Durchlässigkeit eher wie eine Ressource. Die Zugänge zu einem Gebiet sind Räume, die durch eine Überrepräsentanz an Handelsflächen (Gemischtwarenläden oder Fachverkaufsstellen, Märkte) gekennzeichnet sind und die durch die Nutzung der grenzbedingten Unterschiede begünstigt werden.
In Zusammenhängen der Öffnung stellen die Grenzräume Chancenräume dar, in denen Akteure des formellen und informellen Handels und Konsumenten die durch die Diskontinuitäten geschaffenen Unterschiede nutzen und davon profitieren. Es handelt sich dabei aber auch um Räume mit ausgeprägter Konkurrenzbildung. Die Grenzräume Nordlothringens sind absolut repräsentativ für den starken, den Grenzgebieten durch nationale und internationale Akteure auferlegten Wettbewerb, wenn es um die Wahl einer Neuansiedlung geht - ein Wettbewerb der aber auch durch die Konsumenten erzeugt wird, die durch ihr gezieltes Kaufverhalten an der Bildung grenzüberschreitender Räume beteiligt sind. Nichtsdestotrotz sind diese grenzüberschreitenden Räume, in denen Bindung stärker wiegt als Trennung, räumlich begrenzt, denn der Grenzeffekt, der manchmal Handelstätigkeiten anregt, schwächt sich mit zunehmender Entfernung zu einer Grenze schnell wieder ab (siehe Karte).
Colette Renard-Grandmontagne, Nicolas Lebrun
ISBN 978-2-7535-3276-2
ISSN 1281-6116